Herzlichen Glückwunsch, Pippi, zum 70. Geburtstag!
Ich habe sie geliebt, die Romanfigur von Astrid Lindgren. Sie hat mich durch meine Kindheit begleitet. Ich wollte immer so werden wie sie!
Am 21. Mai 1945 erschien erstmals Pippi Langstrumpf als Buch im schwedischen Verlag Rabén & Sjögren. Die Geschichten um Pippi, Tommy und Annika waren ursprünglich ein Geburtstagsgeschenk Astrid Lindgrens an ihre Tochter Karin. Das kleine Mädchen von damals ist mittlerweile 81 Jahre alt.
Fasziniert war ich auch von ihrer Mutter, der schwedischen Kinderbuchautorin. So sehr, dass ich mich vor ein paar Jahren aufmachte, um Bullerbü zu suchen: Ich fuhr nach Schweden.
Sie sei immer nur eine Bauerntochter aus Småland gewesen, vom Anfang bis zum Ende, sagte Astrid Lindgren einmal. Sätze wie dieser, Ausdruck ihrer Bescheidenheit, faszinierten die Anhänger der bekanntesten schwedischen Kinderbuchautorin. Sie erweckte nicht nur Pippi Langstrumpf zum Leben, sondern auch Lausbub Michel, Karlsson vom Dach, die Gebrüder Löwenherz und die Kinder von Bullerbü. Für die meisten Erwachsenen sind die Figuren untrennbar mit ihrer Kindheit verbunden. Noch heute haben Pippi und Co. einen festen Platz in vielen Spielzimmern. Generationen von Kindern und Jugendlichen wurden durch sie geprägt.
„Wir waren Bullerbü-Kinder, denn wir hatten die gleichen Erinnerungen und Plätze zum Spielen wie Astrid“, sagt ihre Nichte Gunvor Runström. „Sie hat meine Kindheit mit ihren Büchern dokumentiert.“
Das schwedische Städtchen Vimmerby ist Pippi Langstrumpf- und Bullerbü-Land. Besonders im Sommer kommen große und kleine Gäste aus der ganzen Welt, um ihren Idolen zu huldigen. Mitten auf der Hauptstraße findet sich Pippis Bonbonladen, ein gelb angestrichenes Haus, in dem die Göre zweimal 18 Kilo Süßigkeiten, 60 Zuckerstangen und 72 Pakete Sahnebonbons kaufte. In der Gasse Bätsmansbacken schlichen einst Kalle Blomquist und die Weißen Rosen als Detektive umher.
„Hier entstand Kalle Blomquist. Am Abend hat sie uns vorgelesen“, erinnert sich Runström. „Wir waren ihre Versuchskaninchen, und wenn uns der Text gefiel, hat sie ihn wortwörtlich übernommen.“ Als Lindgren schon längst in Stockholm wohnte, kam sie immer wieder nach Hause, um den Rest der Familie zu besuchen.
In Vimmerby vermischen sich Dichtung und Wahrheit. Hier hat die junge Astrid im Stadthotel getanzt. Es war die Zeit des Jazz, und sie hat sich als erstes Mädchen der Stadt die Haare kurz schneiden lassen. Nicht weit entfernt liegt das Theater, in dem sich Lindgren mit ihrer Volkstanzgruppe traf. Auch das Haus, in dem sich zur Jahrhundertwende im Café Royal Lindgrens Eltern trafen, gibt es noch. Sie war eine Rebellin, die sich gegen das Ende der Kindheit wehrte. Sie wollte nicht erwachsen werden, sondern sich ihr kindliches Gemüt so lange wie möglich bewahren. Das junge Mädchen erkannte jäh, dass ihre unbeschwerte Kindheit vorbei ist. Es dauert lange, bis sie sich damit abfinden konnte.
Am 14. November 1907 wird die Kinderbuchautorin in Näs bei Vimmerby geboren. Sie wächst gemeinsam mit ihren drei Geschwistern in einer Bauernfamilie auf. Der Hof ist zwar bescheiden, doch gut in Schuss. Die Familie muss schwer schuften, um den Pachtzins bezahlen zu können. Zum über hundert Jahre alten Hof gehören ein Obst- und Gemüsegarten, Scheune, Stall, das Waschhaus am Bach und ein Holzschuppen. Nach Herzenslust können hier die Kinder zwischen alten Kastanien, Ulmen und Linden herumtollen.
Sie macht in ihrer Heimatstadt eine Ausbildung zur Journalistin und wird von ihrem verheirateten Chef schwanger. 1926 wird ihr Sohn Lars in Kopenhagen geboren und zu einer Pflegemutter gegeben. Zum Vater des Kindes hat Lindgren keinen Kontakt. Sie lebt in Stockholm und schlägt sich als Sekretärin durch. Schließlich begegnet sie Sture Lindgren, den sie 1931 heiratet. Endlich kann sie dem kleinen Lars eine Familie bieten. Drei Jahre später kommt Tochter Karin auf die Welt. Mit den Büchern beginnt Astrid Lindgren erst viel später. Die Erlebnisse in ihrer Kindheit wird sie darin verarbeiten. Die Geschichte von Pippi Langstrumpf schreibt sie für Tochter Karin 1944, da die Kleine mit einer schweren Grippe im Bett liegt. Auf Pippi Langstrumpf folgen Mio, mein Mio, Rasmus und der Landstreicher, die Bullerbü-Kinder und viele weitere Kinderbücher.
Später engagiert sich Astrid Lindgren auch politisch. Sie kämpft für die Rechte der Kinder und den Tierschutz. Beharrlich und unerbittlich. Und sie wird gehört. Zahlreiche Auszeichnungen folgen. Niemals erwähnt sie die dunklen Seiten ihres Lebens. Ihr Mann Sture und ihr Sohn Lars sterben an Alkoholismus. Damit muss sie fertig werden. Solange sie lebt, wird das Schweigegebot von allen respektiert Vielleicht gerade deshalb flieht sie immer wieder in die entschwundene Kindheit, zu Pippi Langstrumpf, nach Bullerbü und anderswo.
Vimmerby hat heute mit Astrid Lindgrens Welt, einem Vergnügungspark vor den Toren der Stadt, seiner berühmtesten Tochter ein Denkmal gesetzt. In unmittelbarer Nähe zu ihrem Elternhaus eröffnete an ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2007 ein Museum. Hier lassen sich alle Stationen ihres Lebens nachverfolgen. „Rund 36.000 Besucher haben wir jährlich. Viele kommen mit wässrigen Augen aus der Ausstellung“, sagt die Museumsangestellte Michaela Hinze. „Bei den Führungen treffe ich oft auf Kinder, die ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Sie erfahren, wo Astrid früher gespielt und geschlafen hat.“
Ganz in der Nähe liegt der Friedhof. Hier hat die Schriftstellerin am 28. Januar 2002 ihre letzte Ruhe gefunden. Ein Findling von der Kuhweide der Eltern trägt ihren Namen. Bescheiden, ganz so, wie sie auch gelebt hat.
Danke für den schönen und informativen Bericht. Pippi und die anderen Werke von Astrid Lindgren haben auch mich durch meine Kindheit begleitet.
Unvergesslich, liebe Leonie!
Die Bücher von Astrid Lindgren sind immer noch aktuell und sollten vor allem von uns Erwachsenen immer mal wieder gelesen werden
Für mich sind sie vor allem schöne Erinnerungen, auch an die Fernsehsendungen! LG Sabine
Für mich sind sie inzwischen sogar mehr als nur die tollen, freche Geschichten, die ich gerne gehört und gelesen habe…
Wunderbarer Bericht, Danke dafür.
Danke, liebes Bienchen!