Ich habe das Buch von meiner Freundin bekommen. Es ist schon etwas älter, aus dem Jahr 2001. Ich solle es unbedingt vor meinem Afghanistan-Aufenthalt lesen, sagte sie damals. Doch es kam immer etwas dazwischen. So habe ich das Buch während meiner Reise gelesen. Es ist erschütternd, sehr spannend und authentisch. Ich habe es verschlungen. Während der langen Abende, an denen ich mein Hotelzimmer nicht verlassen konnte, während der Autofahrten, im Flieger.
Und ich war mittendrin in der Welt der Shirin-Gol, dieser mutigen Frau, die so viel durchgemacht hat. Unvorstellbar, wie ein Menschenleben das aushalten kann. Und gleichzeitig habe ich viel gelernt, über Afghanistan, seine Geschichte, seine Menschen und vor allem: Seine Frauen.
Shirin-Gols Leben ist bestimmt von ständiger Flucht. Nicht nur vor Hunger, Rechtlosigkeit und Armut, sondern auch vor den Soldaten der Roten Armee, den Mujaheddin, den Taliban. Wie viele Frauen in Afghanistan muss auch Shirin-Gol Verfolgung und Vergewaltigung erleben.
Die Protagonistin hat durch diesen Roman allen gesichts- und körperlosen Frauen Afghanistans eine Stimme gegeben. Und ja, tatsächlich, ohne diese Lektüre hätte ich die Frauen, denen ich begegnet bin, viel weniger verstanden. Ich habe selbst erlebt, dass Menschen kein Recht auf Arbeit, Erziehung, Gesundheit und nicht einmal ein Recht auf Zukunft haben. Und nur, weil sie Frauen und Mädchen sind.
Siba Shakib: Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen. Die Geschichte der Shirin-Gol, 318 Seiten, 8,95 Euro.
Vor etlichen Jahren habe ich dieses Buch auch gelesen. Es ist einfach erschreckend, was Frauen dort angetan wird – und nicht nur dort.