Von Bamberg führt mich die kleine Straße in hügeliger Landschaft vorbei an sattgrünen Wiesen und leuchtendgelben Rapsfeldern. Es ist fast Ende Mai – die Sonne brennt kraftvoll vom Himmel. Ich bin auf dem Weg zum Schlosshotel Reichmannsdorf auf dem Land im schönen Steigerwald.
Das Motto ist „Bier, Barock, Bayern“ – Zeit, über das Wochenende in die Oberfränkische Bierkultur und das Drumherum einzutauchen. Rechtzeitig zum 500sten Jubiläum des Reinheitsgebots hat sich Bierfranken, wie die Region auch liebevoll genannt wird, einiges einfallen lassen und ich darf „partizipieren“.
Auf zur ersten Erkundungstour
Der Empfang im Hotel Lindner ist freundlich, das Zimmer geräumig, mit Blick auf den See – ich bin gespannt, was mich erwartet. Da noch etwas Zeit ist bis zum ersten Termin, erkunde ich die Umgebung. Direkt neben dem Schloss liegt ein 18-Loch-Golfplatz.
Schon auf dem Waldweg warnt ein Schild vor tief fliegenden Golfbällen. Gut, dass ich es gelesen habe. Kaum bin ich am See, rauscht etwas blitzschnell in Kopfhöhe an mir vorbei. Der energisch geschlagene kleine Ball klatscht auf die bis dahin ruhige Wasseroberfläche. Ein Teichhuhn schwimmt zeternd mit seinen Küken im Schlepp davon. Schwalben fliegen tief, Frösche quaken um die Wette – mein erster Eindruck: idyllisch.
Das erste Bier ruft
Direktorin Ulrike Schmitz-Delgado heißt uns bei einem kleinen Umtrunk mit kühlem Pils im Schatten auf der Hotelterrasse willkommen und gibt erste Informationen zum Schloss. Damit die Eindrücke nicht nur theoretisch bleiben, schließt sich eine Schlossführung an. 1714 wurde das alte Gemäuer von Johann Dientzenhofer für Wolf Philipp von Schrottenberg als Sommerresidenz erbaut – ganz im Stil der damaligen Zeit nur etwas weniger pompös als andere Barockschlösser. Die Innenausstattung ist noch so, wie sie beim Auszug der Familie von Schrottenberg vor einigen Jahren belassen wurde.
Der erste Schlossherr schien kein gutes Verhältnis zu seiner Angetrauten gehabt zu haben. Auf Deckenfresken ließ er malerisch Anspielungen auf sein Verhältnis zu ihr festhalten. Der Erzählung nach hat das die Schlossherrin sehr getroffen. Sie habe sich im Schloss das Leben genommen. Als Schlossgeist soll sie immer noch umherspuken – zu Gesicht bekomme ich sie glücklicherweise nicht.
Ein schöner Ort für Tagungen und Hochzeiten
Das Schloss grenzt direkt ans Hotel und wird für Tagungen, Hochzeiten und andere Events genutzt. In der alten Bibliothek finden standesamtliche Trauungen statt. Mit etwas Glück hört man bei offenem Fenster das Klappern der Störche auf dem Schlossdach. Auch in diesem Jahr ziehen sie hier wieder ihre Jungen groß.
Das Hotel bietet in schönem Ambiente Platz für 75 Übernachtungsgäste. Die Küche ist ausgezeichnet und stellt sich auch auf besondere Ernährungswünsche seiner Gäste ein. Sie zaubert leckere Menüs, die der Gourmet im urigen Gewölbekeller des Restaurants genießen kann.
Der Gerstensaft entsteht
Am zweiten Tag lädt Bamberg zur Besichtigungstour. Bevor wir uns auf die geschichtsträchtige Bierführung begeben, gibt es eine Einführung in die Geheimnisse der Braukunst. Braumeister Brockard von der Brauerei „Greifenklau“ erzählt über das Bierbrauen und gibt Einblicke in Trends, die auch vor dem traditionsbewussten Franken nicht Halt machen. Auf der Führung durch den Familienbetrieb lerne ich alles Wissenswerte über die verschiedenen Phasen. Bei einer deftigen Brotzeit bereiten wir uns auf den anschließenden Stadtrundgang vor.
Auf historischen Spuren wandeln
Dieser steht ganz im Zeichen des Biers. Auf historischen Pfaden erkunden wir die sehenswerte Altstadt. Biertradition auf Schritt und Tritt. Dazu sei erwähnt – deutschlandweit gibt es über 1.300 Brauereien, davon 620 alleine in Bayern, 10 brauen in Bamberg, der „Hauptstadt“ des Biers, und 90 im angrenzenden Umland. Der Bamberger Bierkosmos hat neben traditionsreichen Brauereien noch Braumanufakturen, Bierkeller, Mälzereien und die weltweit älteste Brauereimaschinenfabrik zu bieten. Der edle Gerstensaft wird hier seit über 900 Jahren gebraut – das ist urkundlich dokumentiert.
Bierschmecker-Touren und Gassenbier
Das deutsche Reinheitsgebot macht eine klare Ansage, was gebraut dann auch Bier genannt werden darf: Ausschließlich Malz, Hopfen, Hefe und Wasser darf hinein. Anlässlich des Jubiläums rühren Stadt und Umland kräftig die Werbetrommel. Der Bier-Fan findet neben Biergenuss-Arrangements und Bierverkostungen von Hotels und Gaststätten „Bierschmecker-Touren“ durch die Bamberger Brauereilandschaft, Vorträge und Stadtführungen ganz im Zeichen des Biers. Alles über die Braukunst lernt man im Fränkischen Brauereimuseum. Wem das nicht reicht, der vertieft sein Wissen an der Bierakademie. Natürlich kommen wir an alteingesessenen Schankhäusern wie dem „Schlenkerla“, dem „Fässla“ oder dem „Spezial“ vorbei. Besonders interessant finde ich das „Fenster zum Glück“ – an manchen Gaststätten auch heute noch zu sehen. Hier holte man sich früher „Gassenbier“. Braumeister Brockard erzählt mit einem Grinsen, er habe Bier schon in Eimer, Vasen und andere Gefäße abgefüllt – Nachttopf wäre allerdings noch keiner dabei gewesen.
UNESCO Weltkulturerbe und fränkischer Barock
Die Biertradition prägt zwar das Stadtbild, ist aber nicht das Einzige, was Bamberg sehenswert macht. Im zweiten Weltkrieg hatte die Stadt großes Glück – sie wurde vor Kriegsschäden weitestgehend bewahrt. Der Altstadtkern aus Berg-, Insel- und Gärtnerstadt ist so gut erhalten geblieben, dass er 1993 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Bis ins Mittelalter reichen die Strukturen auf der Bergstadt zurück. Hier kommen wir vorbei an Kirchen und Klöstern. Sehenswert sind auch die Residenzen aus dem fränkischen Barock.
Das bürgerliche Bamberg mit dem alten Rathaus mitten in der Regnitz und seinen Gewerbe- und Einkaufsstrukturen liegt im Bereich der Inselstadt. Die alte „Fischersiedlung“ direkt am Fluss lohnt einen Besuch. Sie gilt als Bambergs „klein Venedig“. Wie der Name schon vermuten lässt, sorgte früher die Gärtnerstadt für die Ernährung der Bevölkerung. Insgesamt erstreckt sich der Altstadtbereich auf über 142 Hektar.
Bierverkostung mit Biersommelier
Abends erwartet uns im Hotel ein ganz exklusives „Highlight“ – wir erleben eine Bierverkostung mit der Biermanufaktur Hertl im alten Gewölbekeller von Schloss Reichmannsdorf. Das Besondere: wir verkosten „Craft Beer“ und liegen damit voll im Trend. Seit einigen Jahren schwappt das „Gebräu“ aus den USA als Antwort auf das industrielle und für den Massenmarkt produzierte Bier nach Europa. Es wird von Hand gebraut – daher der Name „Craft Beer“. Das Probieren der neuen Kreationen lohnt sich in jedem Fall, denn auf der „Spielwiese“ der Braukunst tun sich die tollsten Geschmäcker auf.
Ansprechend aufgebaut ist das „Craft Beer Buffet“, festlich gedeckt die große Tafel. Hier lässt es sich gut feiern. „Nur wo Bier drin ist, darf auch Bier drauf stehen“ stellt David Hertl, Braumeister und Biersommelier, zum Einstieg klar und schon sind wir mitten in der Bierverkostung.
Johanniter Pale Ale und Motoröl
Als Aperitif kredenzt er uns ein „Johanniter Pale Ale“ und kann damit gleich punkten. Ein an sich fruchtiges, herbes Pils, in unserem Fall zusammen gebraut mit einem Riesling. Das bringt eine für mich völlig neue Geschmackserfahrung. Wer Heidelbeeren oder Grapefruit künftig lieber flüssig zu sich nehmen möchte, konsumiert einfach eines der Craft Biere von Hertl. Das nächste Getränk macht seinem Namen alle Ehre. Auf dem Etikett steht „Motoröl“. An sich vermute ich das in der Garage. Was drin ist in der Flasche kommt seiner Bezeichnung überzeugend nahe – nicht nur in Konsistenz und Farbe. Eine gewagte Zusammensetzung – und für meine Geschmacksknospen auf der Zunge eine echte Herausforderung.
Das Essen – ein Genuss
Im Angebot hat Hertl auch „gestachelte“ Biere oder Eisbier, das gibt es dann als Dessert. An sich bin ich keine Biertrinkerin – aber inzwischen macht das Probieren Spaß. Zum Glück muss ich die Gläser nicht ganz leer trinken – so bleibt der Kopf schön klar. Das Essen, vom Restaurantchef vorher genauestens mit Hertl auf die Bierkreationen abgestimmt, ist ein Genuss. Daraus entsteht von der Vorspeise bis zum Dessert ein Gesamtgourmetkunstwerk, an das ich gerne zurückdenke.
Motto: Vielfalt
Oberfranken hat aber noch viel mehr zu bieten als nur die „Vielfalt“ des Gerstensafts. Für den letzten Tag der Pressereise nehme ich mir das Umland vor. Nach einem üppigen Frühstück fahre ich zu Schloss Weissenstein, das ganz im Zeichen des fränkischen Barock steht. Das Schloss wurde, wie auch Schloss Reichmannsdorf, von Johann Dientzenhofer in der Zeit von 1711 – 1718 erbaut. Erster Schlossherr war der Kurfürst und Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (1655 – 1729).
Barocke Eigenheiten
Er residierte in Bamberg, war aber auch darauf bedacht, nicht nur kirchengeschichtlich bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Schloss Weissenstein diente ihm als Sommerresidenz und konnte auch nur während weniger Wochen im Jahr genutzt werden. Wie offenbar üblich für diesen Architekturtypus im Barock hatte es keine Eingangstüren und war nach außen nur durch Eisengitter geschützt. Das Schloss kann während einer Führung besichtigt werden. Wer sich für Gemälde aus dem Barock interessiert, ist hier an der richtigen Adresse: Der einstige Besitzer sammelte mehrere hundert Werke. Sehenswert sind auch das aufwändig dekorierte Treppenhaus, die Muschelgrotte sowie das üppig ausgestattete Speisezimmer.
Die Tage im Bierfranken sind viel zu schnell zu Ende. Gerne hätte ich noch das obere Maintal, den Naturpark Steigerwald, die Haßberge und die Fränkische Schweiz erwandert oder „er-radelt“. Wege dafür gibt es genug – aber das muss bis zu meinem nächsten Besuch warten. Der kommt gewiss, denn Bierfranken ist auf jeden Fall eine Reise wert.
Die Pressereise nach Bierfranken fand mit freundlicher Unterstützung der „Lindner Hotels und Resorts“ und „Lindner Hotel Schloss Reichmannsdorf“ statt.
Weitere Informationen:
https://www.lindner.de/ Stichwort Schlüsselfeld
http://bierland-oberfranken.de/
Und was Autorin Heike Pander sonst noch so alles macht, erfahrt Ihr hier:
www.heikepander.com
www.baobabstories.com