Es gehört zu den historischen Unterkünften in Europa: Hotel Schloss Sonnenburg in Südtirol. In Sankt Lorenzen und ganz nah bei Bruneck. Ich bin für ein paar Tage hier und sobald ich den Sonnenburger Hügel, auf dem das Gebäude thront, betrete, bin ich auf historischen Boden.Und in einer anderen Welt.
Zum einen zeugt davon das mächtige Eingangstor, zum anderen erfahre ich bald, dass der Hügel seit über 4.000 Jahren ununterbrochen besiedelt ist. Zuletzt war es eine Ruinenlandschaft bis zu dem Tag Mitte der 1960er Jahre, als Karl Knötig aus Starnberg auftauchte und das Gelände kaufte. Aus Passion, aus Liebe, wer weiß das schon. Denn was heute aus der verfallenen Ruine geworden ist, übertrifft alle Vorstellungen.
In den Jahrzehnten der Renovierung wurden hier einige der ältesten archäologischen Funde Südtirols gemacht. Heute ist die gesamte Anlage und der Weiler in der Nähe denkmal- und ensemblegeschützt. „Wir können hier nicht mal eine Photovoltaikanlage bauen“, sagt Markus Wechselberger vom Hotel. Und er erzählt die Anekdote von den beiden Schwestern der Abtei vom Heiligen Kreuz zu Säben, also ganz in der Nähe, die vor wenigen Jahren auf die Sonnenburg kamen und von ihrem Fund erzählten.
Beim Aufräumen hatten sie zwei großflächige Bilder aus dem 17. Jahrhundert entdeckt, die eindeutig der Benediktinerinnenabtei auf der Sonnenburg zuzuordnen waren. Sie schenkten sie Knötig mit der Auflage, beide restaurieren zu lassen. Zwei Jahre dauerten schließlich die Arbeiten. Die Kunstwerke hängen heute in der Lobby.
Nonnen lebten hier von 1039 bis 1785. Ihr Erbe ist überall zu sehen. Im großen Garten der Äbtissin stehen heute ein Holzpavillon und Liegen. Darunter, in den Terrassengärten, liegt der Außenpool. Daneben die Apothekergärten mit Heilpflanzen, einst liebevoll angelegt von den Nonnen nach der Lehre von Hildegard von Bingen. Und ganz weit unten fließen die Flüsse Rienz und Gader zusammen. Genau dort ist der kleine malerische Ort Sankt Lorenzen.
Ich fühle mich fast erhaben, hier oben, in einem Hotel, in dem man die Urlaubstage mit Entdeckungen verbringen kann. Die Ruinen des Kirchenschiffes, in dessen unmittelbarer Nähe die Außenanlage der Sauna ist, oder der Kreuzgang des Klosters aus dem frühgotischen Mittelalter, der in eine romanische Krypta mündet mit dem Reliquienschrein vom Heiligen Clemens.
Auch dieser hat eine eigene Geschichte: Der Mönch verstarb im 17. Jahrhundert unweit der Sonnenburg. Von Pilgern wurde der Leichnam schließlich in die Abtei gebracht und von den Nonnen zur Mumifizierung eingekleidet. Seitdem liegt er aufgebahrt in der Krypta, die zu besichtigen ist. Im früheren Nonnenchor essen heute die Gäste Südtiroler Spezialitäten und blicken dabei auf das Fresco mit dem Marientod, gemalt von Johannes von Bruneck 1407. Oder sie wählen ihr Frühstück vom Buffet im ehemaligen Saal der Äbtissin. Gleich nebenan war das Schlafzimmer der Nonne, heute gehört es zum Hotelrestaurant mit getäfelter Holzdecke.
Überhaupt die Äbtissinnen! Das ehemalige Benediktinerinnenkloster diente als Versorgungsstätte der Töchter des heimischen Adels. Zumindest die, die nicht rechtzeitig einen geeigneten Mann fanden! Bei schönem Wetter essen die Gäste am liebsten draußen im Hof vor dem imposanten 38 Meter tiefen Brunnen, der älteste und größte von ganz Tirol. Und wer ganzjährig schwimmen möchte, benutzt den ehemaligen Vorratskeller der Abtei, der heute ein modernes Felsenschwimmbad ist. Die Sonnenburg diente auch als niedere Gerichtsbarkeit bis 1785. Sie durfte alle Delikte richten, außer der Todesstrafe. Davon zeugt das nahe Gerichtsdienerhaus, das heute Mitarbeiterwohnungen beherbergt.
Jetzt ist die Sonnenburg ein Hotel der Spitzenklasse. Nur eben mit ganz viel Kirchengeschichte. „Das ist ein Ort mit einer ganz gewissen Ausstrahlung“, sagt Wechselberger. „Man muss sich dem Gebäude ganz anpassen, da es sich sehr von einem 4 Sterne Standardhotel unterscheidet.“
Mit dem Geld, das immer wieder und sehr liebevoll in dessen Restaurierung gesteckt wird, hätten drei Hotels neu gebaut werden können. Die Südtiroler Landesregierung gibt zwar Geld für die Restauration ihres reichen kulturellen Erbes, doch hat sie keine Mittel für die Umwandlung von alten Burgen in Schlosshotels.
Der Aufenthalt wurde unterstützt von Hotel Schloss Sonnenburg.