Meine Gedanken zum Tod von Dr. Ruth Pfau
Gestern am frühen Morgen, dem 10. August 2017, erfuhr ich vom Tod Dr. Ruth Pfaus. Überrascht hat es mich nicht, da sie schon seit einigen Tagen auf der Intensivstation des Aga Khan-Krankenhauses im pakistanischen Karachi lag. Von einem Schwächeanfall hatte sie sich nicht mehr erholen können. Um 0.30 Uhr hörte das Herz der deutschen Ordensfrau und Ärztin zu schlagen auf.

Foto: Bernd Hartung
Im März 2016 war ich bei ihr gewesen, eine ganze Woche lang, um ihren Tagesablauf zu begleiten und darüber zu schreiben. Ich habe sie als eine sehr warmherzige Person in Erinnerung, die trotz allem energisch und klar ausdrückte, was sie wollte und wofür sie stand. Von den Patienten und Menschen vor Ort wurde sie wie eine Heilige verehrt. Sie hatte ein ganz eigenes Charisma, mit dem sie auf die Menschen zuging und sie anzog. Ich bin glücklich, diese Tage in Karachi gemeinsam mit ihr erlebt zu haben. Zum Essen saßen wir beisammen und unterhielten uns über ihre Arbeit und das Leben, ein Leben, dem sie trotz aller Widerstände immer sehr positiv gegenüberstand.
Sie trägt viele Titel. „Mutter Teresa von Pakistan“ ist nur einer von ihnen. Sie hat zahlreichen ehemaligen Lepra-Patienten ein Leben in Würde ermöglicht. Ihr Tod bedeutet für alle, die sie kannten, einen großen Verlust und hinterlässt durch die enge Verbundenheit eine tiefe Trauer.

Immer zum Helfen bereit: Auch in den unwirtlichen Regionen Pakistans und Afghanistans unterwegs. Foto: Rolf Bauerdick
Mehr als 50.000 Menschen wurden in Pakistan dank dem Engagement der Lepra-Ärztin von der Krankheit geheilt. Dafür wurde sie nicht nur „Mutter der Leprakranken“ genannt, sondern 1979 auch zur Ehrenbürgerin und nationalen Beraterin für Leprafragen im Rang einer Staatssekretärin Pakistans ernannt.
Für ihre aufopfernde Arbeit, auch bei der Nothilfe nach Erdbeben oder Flutkatastrophen, hatte sie zahlreiche Anerkennungen erfahren, darunter den Marion-Dönhoff-Preis, den Klaus-Hemmerle-Preis, den Albert-Schweizer-Preis, den Damian-Dutton-Award, den Ramon-Magsaysay-Award, den pakistanischen Lifetime-Achievement-Award, sowie den deutschen Fernsehpreis Bambi als „Stille Heldin“ im Jahr 2012. Bis zu ihrem Tod setzte sie sich immer für Menschenrechte, Völkerverständigung sowie die Achtung aller Religionen ein.

Mit dem Bambi 2012 als „Stille Heldin“ ausgezeichnet. Foto: Hubert Burda Medien

Dr. Ruth Pfau, von vielen als der „Engel von Karachi“ bezeichnet. Foto: DAHW
Fast 60 Jahre hatte sich die Ärztin kämpferisch für Kranke und Ausgestoßene in Pakistan und auch Afghanistan eingesetzt. Mit Unterstützung der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, einem in Würzburg ansässigen Hilfswerkes, und später auch der Ruth-Pfau-Stiftung baute sie in den 1960er Jahren in Karachi mit dem Marie-Adelaide-Leprosy-Centre (MALC) eine moderne Spezialklinik auf. Daraus schuf sie in Pakistan ein flächendeckendes und bis heute funktionierendes Netz von Lepra- und TB-Stationen. So werden selbst in den entlegensten Dörfern am Hindukusch die betroffenen Menschen mit den wichtigen Medikamenten versorgt.
Ich erinnere mich an die Begegnung mit ihrem früheren Mitarbeiter und Arzt Arif Hemat aus Kabul, mit dem sie einst in den unwirtlichen Bergregionen Afghanistans Patienten behandelte. Hemats größter Wunsch war es gewesen, ihr noch einmal zu begegnen. Er traf ein, als wir beim Abendessen saßen. Die Freude, die beide verspürten, als sie sich nach Jahrzehnten wiedersehen, werde ich nicht vergessen. Als seine Mentorin verehrt Hemat sie aus tiefstem Herzen. Sein Leben hat sie entscheidend mitgeprägt. Ruth Pfaus Erbe ist auch heute noch in ganz Afghanistan gegenwärtig. Zahlreichen Menschen hat sie dort das Leben gerettet oder ein würdiges Leben, fern von Ausgrenzung und Stigmatisierung, ermöglicht. Für Arif Hemat und viele andere wird sie für immer der „Engel von Karachi“ bleiben.
„Ihr Tod ist ein großer Verlust für Pakistan“, äußerte sich der pakistanische Präsident Mamnoon Hussain unmittelbar nach ihrem Tod. Dr. Ruth Pfau wird nach ihrem Wunsch am Samstag, den 19. August 2017, auf dem christlichen Friedhof Gora Qabrastan in Karachi bestattet werden. Das Beerdigung wird laut Premierminister Shahid Khaqan Abbasi ein Staatsbegräbnis werden.
Islamabad: Prime Minister (PM) Shahid Khaqan Abbasi announced on Thursday a state funeral for Pakistan’s leprosy fighter Dr Ruth Pfau, who passed away early morning.
„The entire nation is indebted to Ruth Pfau for her selfless and unmatched services for the eradication of leprosy. We are proud of her exemplary services and she will remain in our hearts as a shining symbol in times ahead“, according to the statement by the PM office.
Tributes poured in from across the country after the passing of the humanitarian Dr Pfau, who led a battle against the stigmatised disease of leprosy, passed away early Thursday morning after a long illness. She was 87.
She had been hospitalised at a private hospital in the metropolis for two weeks due to age-related illnesses and her condition had been worsening.
Dr Pfau, the founder of the National Leprosy Control Programme in Pakistan, was in charge of the Marie Adelaide Society of Pakistan (MASP), where leprosy patients are treated.
Sehr schön geschrieben, der Artikel hat mich tief berührt. Ich hatte schon öfter mal von ihr etwas gelesen und sie sehr bewundert. Danke Sabine, für diesen mitfühlenden Beitrag!!!
Freut mich, liebe Eva. Ich denke gerne an die Zeit bei ihr in Karachi zurück. Dir ein schönes Wochenende.